Vor einigen Jahren bin ich über eine Ausstellung auf die Dortmunder Designerin Tanja Melina Moszyk und ihre Aktion PostkART Verbindungswege aufmerksam geworden. Und in diesem Jahr habe ich kurzfristig entschieden, mich an dem Projekt zu beteiligen.
PostkART Verbindungswege
Die Idee der Initiatorin war und ist, ein „künstlerisches Zeichen gegen schnelllebige E-Mails und SMS in der Öffentlichkeit zu setzen“ und die Künstler-Postkarte wiederzubeleben. Als ich das damals las, war ich durch die bezaubernde Ausstellung mit den Künstler-Postkarten aus dem Expressionismus im Osthausmuseum für das Thema sensibilisiert und begeistert. Am liebsten hätte ich gleich teilgenommen, aber damals befanden sich meine Texte noch ausschließlich in Büchern und die konnte ich schlecht auf eine Postkarte kleben. Das Konzept besteht nämlich daraus, dass die Beteiligten zwei identische Postkarten erstellen – eine wird als Postkarte und die andere frankiert ohne Anschrift in einem Brief an Tanja geschickt. Die gelaufene Postkarte wird in einer zweiwöchigen Ausstellung in ihrem Atelier Anschnitt gezeigt und die nicht adressierte Karte von ihr an einen Teilnehmer weitergeleitet. Eine tolle Idee finde ich, die mich immer wieder beschäftigt hat – ich hatte schon überlegt, etwas Vergleichbares für Autoren zu initiieren, aber das fand ich auch nicht befriedigend und ganz ehrlich: Es kam auch viel anderes dazwischen. Deshalb habe ich von der aktuellen Runde auch erst kurzfristig vor Weihnachten erfahren und wusste, dass ich mitmachen wollte. Mit meiner Literaturart.
Auf dem Weg durch den Post-Dschungel
Ich wusste also, dass ich unbedingt teilnehmen wollte. Dass ich meine Faltungen irgendwie unterbringen wollte, war auch klar. Aber wie um alles in der Welt sollten die den Postweg heil überstehen? Zur Inspiration habe ich mich durch sämtliche PDF-Kataloge der letzten acht Jahre geklickt und war erstaunt, was alles den Transport via Deutsche Post überstanden hat. Es lohnt sich wirklich, die Kataloge anzuschauen, die auf der Seite von Anschnitt heruntergeladen werden können. Faszinieren und inspirierend. Ok, nicht unbedingt für meine Suche, denn die vielen kleinen gefalteten Quadrate bieten viele Angriffsmöglichkeiten für Postmaschinen, da musste eine Lösung her. Aber was war überhaupt erlaubt? Wenn es für Briefe so strenge Vorschriften gibt, einschließlich eines Verbots für farbige Umschläge zum Standardtarif, dann sind die Vorgaben für Postkarten doch sicher noch komplizierter. Leider nicht. Auf der Seite der Deutschen Post erfahre ich nur, dass das Längenmaß zwischen 14 und 23,5 cm liegen muss und die Breite zwischen 9 und 12,5, aber die Länge mindestens das 1,4-fache der Breite betragen muss. Oh, und da steht auch, dass das Gewicht 150 – 500 g/qm betragen darf. Kein Hinweis, ob etwas abstehen darf, ob die Postkarte mit einer Folie beklebt sein darf oder sich in einer Plastiktüte befinden darf. Also habe ich mich an die alte Regel aus meiner Kindheit gehalten 🙂 „Was nicht verboten ist, ist erlaubt.“ und mir Gedanken über die Gestaltung der Karte gemacht.
Wie Literaturart auf die Postkarte kam
Nachdem klar war, was nicht verboten ist, habe ich mich also an die Karte gemacht. Natürlich musste ein Subset her. Nun war ich zwischen den Jahren sehr gefangen von diverser Lektüre und dabei ist mir das diesjährige Motto der „Verbindungswege“ etwas aus dem Sinn geraten. Ich war begeistert von meinem Subset 44-2016 „Gruss von …“, bis ich feststellte, dass das Motto „Gruss an …“ lautete. Also ein neues Subset verfasst und dabei erneut die Erkenntnis gewonnen, dass wenige Buchstaben die Kernbotschaft beeinflussen können. Während „Gruss von …“ Möglichkeiten für positive Assoziationen bot, klang „Gruss an …“ eher negativ, Wörter wie „Sarg“, „arg“ oder „grau“ wollte ich in einem Gedicht für die Ausstellung eigentlich nicht benutzen. Aber auch diese Hürde habe ich überwunden wie auch die Auswahl des Papiers für die Faltquadrate und ihre Verteilung auf der Karte. Selbst die Entscheidung für die Wahl der Karten- und Schriftfarbe brauchte Zeit. Schließlich wollte ich etwas gestalten, über das sich die Ausstellungsbesucher und der Empfänger freuen. Dann war alles fertig und ich stand erneut vor der Frage, wie sichere ich meine 15 kleinen Faltquadrate auf dem Postweg.
Wie Literaturart sich auf die Reise macht
Inzwischen hatte ich doch Zweifel, ob „nicht verboten“ wirklich „alles erlaubt“ bedeutet. Also habe ich mich auf den Weg zu einem Expertengespräch gemacht – in die Postfiliale. Nun muss ich zur Ehrenrettung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sagen, die Post war früher eine Behörde. Entsprechend orientierte man sich an den Vorschriften, die ihnen vorlagen. Und da fand man – genau das, was ich auch im Internet gefunden hatte. Und danach gab es keine Vorschrift für die Höhe der Postkarte, sofern sie das schwer zu ermittelnde Gewicht nicht überschreitet, und für das Material. Nach einigem Experimentieren mit Klebe- und Laminierfolie, die beide meine Quadrate platt drückten und den 3D-Effekt zerstörten, habe ich die Karten in Overheadfolien eingepackt und auf die Rückseite einen Aufkleber mit den üblichen Inhalten einer Standardpostkarte geklebt. Der Frankierautomat und die Kontroll- und Adresslesegeräte haben also eine schöne griffige Fläche, um die Karte zu lesen. Nun bleibt mir nur noch, die Daumen zu drücken, dass die Karte ankommt. Es sind ja auch andere Briefe und Postkarten schon verloren gegangen. Angeblich sucht die Post noch immer nach drei Adventskalender, die an drei Kinder mit der gleichen Adresse gingen und alle drei nie angekommen sind. Ich halte euch auf dem Laufenden. Die Karte habe ich Neujahr abgeschickt, Dienstag war Einsendeschluss und die Ausstellung beginnt am 15. Januar. Ich werde auf jeden Fall hinfahren, weil ich die Idee so toll finde und um mich für die nächste Runde inspirieren zu lassen. © Dr. Birgit Ebbert www.papierzen.de