Das ist schon seltsam, seit ich mich mit Papier und Papierkunst beschäftige, begegnen mir plötzlich überall Künstlerinnen und Künstler, die mit Papier arbeiten, oder wie Eva Niestrath-Berger zu ihren Lebzeiten gearbeitet haben. Diese Ausstellung habe ich zwar schon vor einigen Jahren angesehen, aber ich finde das Werk von Eva Niestrath-Berger noch immer interessant.Natürlich habe ich schon vor Jahren eine Ausstellung mit ihren Werken besucht, aber dennoch war sie bei mir abgespeichert als Bildhauerin, die mit klassischen Bildhauermaterialien arbeitet. (Der erste Beitrag stammt vom 18. Mai 2017 und der zweite vom 8. März 2014.)
Materialvielfalt von Eva Niestrath-Berger
Am Freitag wird eine Ausstellung mit Werken von Eva NIestrath-Berger in der Ardenku-Galerie eröffnet, die zeigt, dass die Künstlerin ihre Materialien überall gefunden hat. Natürlich hat sie mit Stein gearbeitet, das zeigt die große Skulptur vor dem Allerwelthaus, auch mit Metall, wovon die Gitter um die Bäume vor meinem Fenster noch zeugen. Aber sie hat auch mit alltäglichem Material gearbeitet, ein Bild sieht aus, als wäre es mit Packband oder Sisal gestaltet worden, ein anderes besteht aus Stoff. Da lohnt es sich immer genau hinzusehen.
Papierkunst von Weltruhm
Und Eva Niestrath-Berger hat mit Papier in verschiedenen Formen gearbeitet. Im Büro von Petra Holtmann, die die Werke der Hagener Künstlerin heute im Auftrag der Nachfahren verwaltet, steht während der Ausstellung ein dickes Papp-Metall-Paket, das ich auch gerne in meinem Büro hätte An den Wänden im Treppenhaus hängen Bilder, für die Eva Niestrath-Berger Papier geknautscht und genäht, gerollt und geknittert hat. So laden die Bilder sowohl zum Hinsehen als auch zum Nachmachen ein. Papier nähen habe ich schon probiert – klappt Sie hat sich von dem Material leiten lassen und immer neue Materialien gesucht. Dabei kam sie auf die Idee, mit Papyrus zu arbeiten, was ihr Bekanntheit in der ganzen Welt einbrachte, weil sich gerade die Länder, aus denen Papyrus stammt, für ihre Werke interessierten und diese auch kauften.
Ausstellung „Idee und Materie“
Eva Niestrath-Berger ist in Hagen keine Unbekannte, viele kennen sie aber als Frau von Karel Niestrath. Dabei war sie eine außergewöhnliche Künstlerin, die ihrer Zeit weit voraus war. Schon Anfang der 60er-Jahre wurde sie in einer Liste der 15 bedeutendsten Bildhauerinnen aufgeführt, obwohl sie erst rund zehn Jahre als Künstlerin aktiv war. Während andere Bildhauer noch bei ihren klassischen Materialien und bei der gegenständlichen Kunst verblieben, hielt sie bereits Ausschau nach neuen Werkstoffen, von denen sie sich zu neuen Werken anregen lassen konnte. Eindrucksvolle Ergebnisse dieses Prozesses finden sich in der Ausstellung „Idee und Materie“, die vom 19. Mai bis 18. Dezember 2017 läuft. Sie zeigt 50 Skulpturen und Bilder der Hagener Künstlerin, die lange oder noch gar nicht öffentlich präsentiert wurden und die größer und wirkungsstärker sind als die schon tollen Bilder, die vor drei Jahren im Roten Haus gezeigt wurden. Ich werde auf jeden Fall am Freitag um 19.00 Uhr zur Eröffnung der Ausstellung gehen und bin gespannt, welche neuen Facetten Dr. Elisabeth May, die in das Werk einführen wird, entdeckt hat. © Dr. Birgit Ebbert www.PapierZen.de
Special für diejenigen, die mehr über Eva Niestrath-Berger wissen möchten
Den folgenden Beitrag habe ich zwei Jahre vorher zu einer anderen Ausstellung geschrieben.
Heute wäre die Künstlerin Eva Niestrath-Berger 100 Jahre geworden. Fast die Hälfte ihres Lebens hat Eva-Niestrath-Berger, die am 8. März 1914 in Wallerfangen an der Saar geboren wurde und in Dortmund aufwuchs, in Hagen gelebt. 1951 zog sie mit ihrem Ehemann, Lehrer und Künstler Karl Niestrath nach Hagen, wo sie zunächst in der Wohnung in der Konkordiastraße mit ihm Leben und Kunst teilte. Seit gestern erinnert eine Ausstellung im Roten Haus in Hagen an die Künstlerin, die im Stadtbild und in den Köpfen vieler Hagener Spuren hinterlassen hat.
Mich als Neu-Hagenerin haben natürlich auch die Kunstwerke fasziniert, aber ebenso die Schilderungen von Augenzeuginnen, die Eva Niestrath-Berger noch persönlich getroffen und erlebt haben. „Als ich ein junges Mädchen war, habe ich sie oft im Stadtgarten gesehen“, erzählt eine Besucherin und schildert die Künstlerin als eindrucksvolle Persönlichkeit. „Ich glaube, sie suchte da Ruhe vor ihrem Mann“, sagt sie und senkt die Stimme. Dabei ist es kein Geheimnis, dass Eva Niestrath-Berger sich irgendwann aus der gemeinsamen Wohnung ausgeklinkt und in Haus Busch ein neues Zuhause für sich, ihre Gedanken und ihre Kunst gefunden hat. Das war sicher auch nötig, um sich entfalten zu können, war ihr Mann doch ihr Lehrer gewesen. Ob die beiden nun geschieden waren oder nicht, konnte ich gestern Abend nicht mehr letztendlich klären, weil so viele Besucher dort waren und ich keine Chance hatte, mich Elisabeth May zu nähern, die die sehr interessante Einführung in das Werk gehalten hat. Aber das hole ich gelegentlich nach, ich habe ohnehin schon angekündigt, sie über Christian Rohlfs auszuhorchen, da kann ich die Frage über Eva Niestrath-Berger auch gleich stellen.
Eva Niestrath-Berger war vor allem Bildhauerin, davon zeugen zahlreiche Objekte in der Stadt. An einem gehe ich immer vorbei, wenn ich meinen Fotorundgang durch die Stadt mache oder zum Essen ins Vapiano gehe. Es ist die Skulpturengruppe, die heue im Ferdinand-David-Park beim Allerwelthaus steht und früher zwischen dem Rathaus und dem alten Horten-Gebäude stand. Ich habe mich schon gewundert, warum im Kunstführer der Stadt kein Titel für das Werk steht. Seit gestern weiß ich es. Eva Niestrath-Berger hat bewusst darauf verzichtet, ihren Werken Titel zu geben, weil sie den Blick der Betrachter dadurch nicht verstellen wollte. Manchmal hat sie sie nach den Materialien benannt oder diese genannt, um dem Betrachter einen Anhaltspunkt zum Denken zu geben.
Die Materialien sind es, die den Kern ihres Werkes bilden, deshalb heißt die Ausstellung im Roten Haus auch „Materialdialoge“. Eva Niestrath-Berger hat mit unterschiedlichen Materialien gearbeitet, es gibt große Objekte aus Holz, Keramik, Bronze, vor allem aber aus allen möglichen Papiersorten in der Ausstellung. Die Zeichnungen und Papierarbeiten überwiegen eindeutig, was sicher auch daran liegt, dass ihre Plastiken und Skulpturen einen festen Platz haben und nicht mal eben abmontiert werden können. Man denke nur an das Sitzende Mädchen im Hof der Goldberg-Schule oder die Baumroste in der Elberfelder Straße und auf dem Friedrich-Ebert-Platz.
Das war für mich überhaupt die größte Überraschung: Seit Jahren lebe und schreibe ich mit Blick auf ein Kunstwerk von Eva Niestrath-Berger. Ende der 70er Jahre hat sie zusammen mit einer Architektengruppe die Rostgitter entworfen, die die Bäume am Rande des Friedrich-Ebert-Platzes säumen. Das war nur einer von vielen öffentlichen Aufträgen, die sie in den 60er und 70erJahren bekommen und übernommen hat. Sie war die einzige Künstlerin, die von der Stadt mit solchen Aufträgen bedacht wurde. Damit steht sie, so Elisabeth May in ihrer Rede, ein wenig in der Tradition von Milly Steeger, deren Werke ebenfalls die Kunst im Hagener Raum prägen.
In den letzten Lebensjahren hat Eva Niestrath-Berger, starb 1993 in Hagen, ihr Grab befindet sich auf dem Delsterner Friedhof, sich vor allem mit Papier beschäftigt. Ob Papyrus oder Pergament, handgeschöpftes Papier oder Pappe, sie hat mit dem Material „gesprochen“ und sich wie früher von den anderen Materialien leiten lassen. „Materialdialoge“ ist also durchaus wörtlich zu verstehen. Was nicht bedeutet, dass sie da gesessen und gewartet hätte, dass etwas mit dem Material passiert. Es gibt vermutlich keine Möglichkeit, die sie ausgelassen hat. Besonders witzig fand ich die Exponate, die davon zeugten, dass sie Papier mit der Nähmaschine bestanzt hat.
Kurzum: Es gibt viel zu entdecken in der Ausstellung, die im Roten Haus noch bis zum 6. Februar 2015 zu sehen ist. Unabhängig davon lohnt es sich, wieder einmal mit offenen Augen durch Hagen zu gehen und nach Kunstwerken von Eva Niesrath-Berger Ausschau zu halten. Ach ja, ein Werk ist in der evangelischen Jakobskirche in Helfe zu sehen, wer weiß, wo sich sonst noch Kunst von ihr versteckt.