Heute ist mir das Buch „Paper Toy Making“ wieder in die Hände gefallen, dass vor rund 100 Jahren in Südafrika geschrieben und 1937 in London erstmals publiziert und vor 1975 erneut in den USA, in Kanada und Großbritannien veröffentlicht wurde. Es enthält über 80 Faltanleitungen mit oder ohne Diagramme (das sind die mit Strichen, Pünktchen, Pfeilen gezeichneten Origami-Anleitungen). Viele Anleitungen finden sich auch in anderen Origamibüchern – neuen und älteren, der Trinkbecher zum Beispiel, die Windmühle von Fröbel, das Schweinchen oder „Picnic Salt Cellar“, das ich als „Himmel & Hölle“ kenne. Darüber hinaus habe ich aber tatsächlich neue Faltmodelle entdeckt, die mir so noch nicht begegnet sind, ein Puppenbett zum Beispiel oder einen Liebesknoten, den ich ganz besonders bezaubernd finde. Und ich habe erst die Hälfte des Buches durchgearbeitet, schließlich musste ich zunächst meine eingerosteten Englisch-Kenntnisse aktivieren, um Grußwort von einem R. R. Tomlinson, Vorwort von Roy Campbell, dem Sohn der Autorin, und Einleitung von Margaret W. Campbell und schließlich auch die Anleitungen zu lesen.
Mein erstes Nachfalten: „Dustpan“
Dieses Modell habe ich nachgefaltet, weil ich es so lustig fand, dass man 1936 so etwas eine Kehrschaufel gefaltet hat. Aber die Anleitung samt Zeichnungen haben mich viel Zeit gekostet, wegen der Übersetzung und weil die Zeichnung nicht zur Anleitung passt. Fragt nicht, wie oft ich alles wieder aufgefaltet habe, bis ich am Ende feststellte, dass die Kehrschaufel aus der Grundfaltung der Schachtel entsteht, die ich schon unzählige Male gefaltet habe:
1. Es werden die beiden Diagonalen gefaltet und dann werden alle Ecke auf den Mittelpunkt gefaltet.
2. Zwei gegenüberliegende Kanten werden auf die Mittellinie gefaltet.
3. Die rechte Kante wird auf die Mittellinie gefaltet und wieder geöffnet.
4. Die linke Hälfte der Faltung wird das Innere der Kehrschaufel, die rechte Hälfte wird wie auf den Fotos übereinandergefaltet.
(Nach dem Prinzip, das auch bei der traditionellen Schachtel genutzt wird.)
5. So sieht das Ergebnis aus, damit könnte man auch Erde auf dem Parkett aufsammeln 🙂
Über Margaret W. Campbell
Hier hätte ich gerne ausführlich über die Autorin Margaret W. Campbell geschrieben, aber das Netz enthält kaum Informationen über sie und Margareth Campbell ist kein seltener Name im englischsprachigen Raum. Zum Glück hat sie ihre Einführung nicht nur mit Namen, sondern auch mit Adressangabe versehen: Hilton Road, Natal, S. Africa! Außerdem hat ihr Sohn sein Vorwort namentlich gezeichnet, Roy Campbell, und er war ein berühmter südafrikanischer Lyriker, sodass sich wenigstens über ihn einige Beiträge im Netz finden. Aber selbst da brauchte ich 10 oder 20 Suchergebnisse, bis ich herausfand, dass das W. im Namen für Wylie steht und die Autorin eine geborene Dunnachie ist, Tochter des wohlhabenden und erfolgreichen Geschäftsmanns James Dunnachie aus Glenboig, Lanarkshire, und seiner Frau Jean Hendry of Eaglesham. Das war es aber auch schon, sie war mit dem Arzt Samuel Campbell verheiratet und hat am 2. Oktober 1901 ihren Sohn Roy, geboren als Ignatius Royston Dunnachie Campbell, zur Welt gebracht, der dritte Sohn nach Archie and George. Ob sie Töchter hatte oder jüngere Söhne und wann die älteren Söhne geboren sind, habe ich nicht herausfinden können. Aber mir ist wieder aufgefallen, wie sehr die Frauen früher vergessen wurden – in einer Übersicht der Fakten über Roy Campbell, der übrigens 1957 starb), werden sein Vater und seine Frau erwähnt, aber nicht seine Mutter. Dabei ist sie laut Aussage ihres Sohnes im Vorwort: „the inventor of a child’s Euclid in which the theorems are sheer amusements.“ (S. VII) Sie selbst schreibt, dass sie von Dr. Bews vom Natal University College angesprochen wurde, ihre Faltanleitungen, die sie eigentlich für ihre Enkelkinder geschrieben hatte, zu veröffentlichen. (Ich beziehe mich hier auf einen Nachdruck von 1975, der irgendwann nach 1998 aus „The Libraby Stranmillis College Belfast“ ausgemustert wurde.)
Die Anleitung zum Puppenbett
Die Faltanleitung ist keine Übersetzung, sondern meine eigene Beschreibung des Faltvorgangs, die Zeichnungen stammen aus dem Buch „Paper Toy Making“ von Margareth W. Campbell, erschienen 1937 bei Sir Isaac Pitman ans Sons in London.
1. Es werden die beiden Diagonalen und zwei gegenüberliegende Ecken zum Mittelpunkt gefaltet.
2. Das Blatt wird gewendet und die beiden weiteren gegenüberliegenden Ecken werden zum Mittelpunkt gefaltet.
3. Die Figur wird erneut gewendet und zwei gegenüberliegenden Kanten werden zur Mitte gefaltet. (vgl. Fig. 24)
4. Die Figur wird erneut gewendet. (vgl. Fig. 25)
5. Die Figur wird nach oben in der Mitte gefaltet. (vgl. Fig. 26)
6. Die Ecken werden nach oben gefaltet und die Figur wird in der Mitte wieder aufgefaltet. (vgl. Fig. 27)
7. Die oben liegenden Quadrate werden nach oben gezogen, sodass sich automatisch das Bett ergibt. (vgl. Fig. 28)