Das 1956 in der damaligen DDR erschienene Buch „Basteln mit den Jüngsten“ zeigt, dass das Basteln mit Papier Zeit- und Ländergrenzen überdauert hat. Es enthält traditionelle Faltmodelle und unterscheidet sich von anderen Büchern durch ungewöhnliche Anregungen und Anleitungen.
Über das Buch „Basteln mit den Jüngsten“
Die Autorin des Buches wird erst bei der Lektüre des Vorwortes erkennbar, das mit Lieselotte Weckwerth gezeichnet ist. Auf dem Innentitel erscheinen darüber hinaus Ruth Schauer, Else Schlesinger und Ursula Harwath als Mitarbeiterinnen. Auf den ersten Seiten erklären die Autorinnen, warum Basteln zur Förderung der Handgeschicklichkeit im Kindergarten wichtig ist: „Gehört dies doch zu den Vorstufen polytechnischer Bildung, auf denen die Schule in Zukunft systematisch aufbaut, um die Grundkenntnisse in den Zweigen der modernen Technik vermitteln lassen“ (S.9).
Das Papier als Teil des täglichen Lebens und vielseitigen Werkstoff steht im Mittelpunkt des ersten Kapitels, hier werden Beispiele zum Falten, Reißen, Schneiden von Papier und Pappe vorgestellt inkl. „Spielsachen, die auf der Technik des einachsigen Faltens beruhen“ und anderen Spielmaterialien. Diese Anleitungen nehmen fast die Hälfte des Buches ein, in dem außerdem „Arbeiten aus verschiedenen Materialien und Resten“, Naturmaterial und Holz sowie Modellieren. Im Kapitel „Schmuck und Geschenke für Feste und Feiern“ finden sich weitere Anregungen zum Werken mit Papier. In der Übersicht der Feste fällt wieder auf wie auch schon in anderen Büchern aus der DDR, dass neben Ostern, Weihnachten, Silvester und Fasching auch der 1. Mai und der Internationale Kindertag aufgeführt werden und auch – woran ich mich sonst nicht erinnern kann – der Schulbeginn, heute ist das durchaus ein Thema, aber in Büchern aus den 50er-Jahren habe ich das als Fest im Jahreslauf nicht gesehen. (Abb. rechts „Japanischer Kasten“)
Die Papierarbeiten aus dem Buch
Die Anregungen zur Arbeit mit Papier beginnen gleich mit dem Falten und hier mit dem Falten des Trinkbechers, der zu einem Fangspiel erweitert wird. Schon das nächste Modell ist die Zaubertüte, die ich nur in wenigen Büchern gesehen habe, und die häufiger anzutreffende Geldbörse. Erstaunt hat mich tatsächlich der „Doppelklappbrief“, den ich schon mal als Patenbrief oder Menko vorgestellt habe, weil der nicht so leicht zu falten ist und das Buch „die Jüngsten“ im Blick hat, explizit auch schon Dreijährige. Danach folgt direkt die Hexentreppe, die zu einem Kreis geschlossen wird als Kerzenhalter, auch eher selten in den Faltbüchern.
Außerdem wird vorgestellt, wie der Schnapper, der woanders auch Klappschnabel heißt, ein Pfeil, das „Salznäpfchen oder ‚Himmel und Hölle‘“, das Schiffchen, das Zelt, einen Stern und die Schachtel. Als „Japanischer Kasten“ wird das Falten der Schachtel aus einem Rechteck erklärt, den Namen hatte ich noch nicht gehört. Auch das Körbchen in der dort beschriebenen Form, die an die Sternenschale erinnert, habe ich noch nicht oft gesehen. Interessant finde ich die verschiedenen Mützen, Variationen der klassischen Zeitungsmütze, aber auch des Trinkbechers und anderer Modelle.
Im Abschnitt über das Reißen und Schneiden finden sich Deckchen, Sterne und Umrandungen, die durch einen Faltschnitt entstehen. Besonders sind hier die Borten und Kanten, für die auch die Faltung des Papierstreifens für verschiedene Modelle erklärt wird. Das Papiernetz meiner Kindheit hat hier ebenso einen Platz wie Faltschnitt-Sterne aus Papierziehharmonikas und die einfache Laterne. Eher selten habe ich in anderen Büchern die „Tanzpüppchen“ gefunden, die hier unter einer Glasplatte tanzen, auf einer Bastelkarte, die ich aus meiner Kindheit habe, tanzten sie in einer Verpackung von Schmelzkäse, die noch einen Kunststoffdeckel hatte 😊
Auf den nächsten Seiten werden verschiedene einachsige Faltschnitte vorgestellt, aus denen die Kinder ein ganzes Dorf aufbauen können, inkl. Häuser, Autos, Brunnen, Bäumen und einer Schar unterschiedlicher Tiere. Statt der Faltschnitt-Bäume können übrigens auch die aus Papierstreifen gerollten Bäume verwendet werden, die in der „Luftschlangentechnik“ meiner Jugend hergestellt werden.
Mein Fazit zu dem Buch
Es ist erstaunlich, wie Autorin und Verlag so viele tolle Papierideen auf der Hälfte der 164 Seiten des Buches im Din A 5-Format untergebracht haben. Ich habe sicher nicht zum letzten Mal darin geblättert. Dass Faltmodelle Zeit und Raum übergreifen hat sich gegen Ende des Buches noch einmal bestätigt, hier finde sich der Vogel, dessen Flügel aus einer Ziehharmonika gebildet werden, just diesen Vogel – mit gefaltetem Geldschein als Flügel – sah ich erst kürzlich auf dem Foto eines Geldgeschenks, das meine Mutter gestaltet hat. © 2040 Dr. Birgit Ebbert www.PapierZen.de
(Abb. Links „Japanischer Kasten“)
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